Spotlight April 2021: Nanomaterialen und Fake News – ein Kommentar anhand eines Beispiels

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Im Februar 2021 erschien der Artikel „The invisible killer lurking in our consumer products“, in dem Nanopartikel als eine größere Gefahr als Corona beschrieben wurden [1]. „Die Verwendung von Nanomaterialien“ würde „nicht reguliert“ und „Nanomaterialien sind so klein, dass man sie nicht bestimmen kann, sobald sie Bestandteile eines Produktes sind“. Was ist nun dran an den Aussagen?

Der Artikel bezieht sich auf eine Veröffentlichung von Monikh et al.2021, in der der Transport von Goldpartikeln innerhalb der aquatischen Nahrungskette von Algen über Krebstiere zum Fisch untersucht wurde [2]. Um die Aufnahme, Anreicherung und Verteilung von Nanogoldpartikel zu verstehen wurden sowohl die Anzahl an Partikeln, als auch die Masse bestimmt. Die Autoren konnten zeigen, dass nur ein geringer Teil der von Algen aufgenommen Goldpartikel im Fisch nachweisbar war (0,03%- 0,48%) und ein Großteil des Goldes ausgeschieden wurde (49-58%).

Die wissenschaftliche Leistung dieser Studie liegt in der Entwicklung einer zuverlässigen Methode, um den Transfer von Nanomaterialien in einer Nahrungskette zu bestimmen. Dabei wird die Transformation der Partikel während ihrer Reise durch verschiedene Organismen berücksichtigt (Größe, Löslichkeit). Ebenso kann genau bestimmt werden, in welchen Teilen eines Organismus sich Partikel wiederfinden, und ob dabei eine Anreicherung über die Nahrungskette erfolgt (was nicht der Fall ist). Die verwendeten Goldnanopartikel sind dabei als Modell-Partikel zu verstehen, die aufgrund ihrer guten Nachweisbarkeit ausgewählt wurden. Eine generelle Aussage bezüglich des Transfers anderer Nanomaterialien durch Nahrungsketten kann daraus nicht abgeleitet werden.

In der Publikation von Monikh et al. wurde kein Vergleich zu Corona gezogen und auch die angeblich nicht vorhandene Regulation von Nanomaterialien wird nicht erwähnt. Warum wird es dann in dem Artikel auf chemeurope.com erwähnt?
Eine mögliche Erklärung könnte sein, dass reißerische und emotional geschriebene Texte eine größere Anzahl an Lesern erreichen und öfter geteilt werden. Dabei verbreiten sich v.a. die Texte schneller, die mit der menschlichen Angst spielen und das Signal „Gefahr“ beim Leser erzeugen. Im Fall des Beispieltextes zeigt sich schon anhand der Überschrift, dass mit dem Wort „Killer“ Angst erzeugt wird und durch „our consumer products“ ein breites Zielpublikum angesprochen werden soll. Fake News zeichnen sich darin aus, dass sie Behauptung aufstellen, die nicht belegt werden (keine Quellenangabe) oder dass Aussagen sehr stark reduzieren werden und so ein falsches Bild wiedergegeben wird. Deshalb lohnt es sich die Originalquellen (falls vorhanden) anzuschauen.

Im Falle des Artikels wurden Teile zwar korrigiert (und zwar die oben erwähnten Sätze), jedoch ist der ursprüngliche Artikel sowie die deutsche Übersetzung noch immer auf chemeurope.com verfügbar und der Bezug zur zitierten wissenschaftlichen Studie bleibt unklar [3,4].

 

Original-Veröffentlichungen:

[1] https://www.chemeurope.com/en/news/1169813/the-invisible-killer-lurking-in-our-consumer-products.html?xing_share=news&WT.mc_id=ca0065

[2] Abdolahpur Monikh, F., Chupani, L., Arenas-Lago, D. et al. Particle number-based trophic transfer of gold nanomaterials in an aquatic food chain. Nat Commun 12, 899 (2021).

[3] https://www.uef.fi/en/article/the-invisible-killer-lurking-in-our-consumer-products

[4] https://www.xing-news.com/reader/news/articles/3804815?cce=em5e0cbb4d.%3Ai5LvmzORy6q_wKwuDP-PAH&link_position=digest&newsletter_id=72093&toolbar=true&xng_share_origin=email

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