Nanomaterialien in der Kläranlage

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Technisch hergestellte Nanomaterialien können aus Produkten bei deren Gebrauch und Entsorgung freigesetzt werden und in unterschiedlichen Mengen in das Abwasser gelangen. Die Aufgabe von Kläranlagen ist es, verschmutztes Abwasser zu reinigen, also auch Nanomaterialien aus dem Wasser zu entfernen. Abhängig von den Klärschritten werden verschiedene Arten von Nanopartikel abgetrennt.

Wie gelangen Nanomaterialien ins Abwasser?

Nanomaterialien sind in vielen verschiedenen Produkten enthalten und können über ihren gesamten Lebenszyklus, also während der Produktion, des Gebrauchs und der Entsorgung (siehe Nanomaterialien im Abfall) freigesetzt werden und in den Abwasserpfad gelangen. Die Art des Produkts (mit größeren oder kleineren Nanopartikeln) sowie die Art der Einbindung der Nanomaterialen (fest oder locker) beeinflussen maßgeblich die freigesetzte Menge an Nanomaterialien. So gelangen zum Beispiel Nanomaterialien aus Kosmetika zu einem großen Teil ins Abwasser, während fest in einen Kunststoff eingebundene Nanomaterialien (z.B. in Fahrradrahmen) praktisch nicht freigesetzt werden.

Mit den aktuell verfügbaren Analysemethoden ist es zurzeit nicht möglich, die im Abwasser vorliegenden, Mengen an Nanomaterialien unter realen Bedingungen in Kläranlagen zu messen (siehe Nanomaterialien in der Umwelt nachweisen). Deshalb werden computerbasierte Simulationsmodelle herangezogen, um die erwartete freigesetzte Menge an Nanomaterialien abzuschätzen. Diese Modelle simulieren den Lebenszyklus des nanohaltigen Produktes und berechnen die erwarteten Nanomaterialflüsse z.B. während der Abwasserreinigung (siehe Vorkommen von Nanomaterialien in der Umwelt abschätzen). Die neuesten Modelle zeigen, dass sehr große Mengen von Nanopartikeln vor allem aus Titandioxid und Zinkoxid mit dem Abwasser in die Kläranlagen gelangen können [1].

Was passiert mit Nanomaterialien in der Kläranlage?

Bei der Abwasserreinigung werden Schmutz und Umwelt gefährdende Stoffe in mehreren Stufen aus dem Abwasser entfernt. Generell umfasst eine Kläranlage eine mechanische Abtrennung von Feststoffen, eine biologische Stufe zum Abbau organischen Materials und weitere Stufen zur Stickstoff- oder Phosphatentfernung. Am Ende der Abwasserreinigung wird geklärtes Abwasser wieder in Gewässer eingeleitet, die entfernten Feststoffen sind im anfallenden Klärschlamm zu finden.

 

Abtrennungsschritte von Nanopartikeln in den einzelnen Stufen einer Kläranlage © Andreas Mattern, UFZ

Abtrennungsschritte von Nanopartikeln in den einzelnen Stufen einer Kläranlage © UFZ

 

Nach derzeitigem Wissensstand werden die meisten bisher untersuchten Nanomaterialien wie Nanosilber, Titandioxid oder Zinkoxid in Laborversuchen zu 90 bis 95% aus dem Abwasser entfernt. Diese aus dem Wasser entfernten Nanomaterialien werden Teil des Klärschlamms, welcher separat weiterbehandelt wird.

Eine Ausnahme sind Siliziumdioxid Nanopartikel, welche durch ihre speziellen Oberflächeneigenschaften deutlich schlechter aus dem Abwasser entfernt werden und somit unter Umständen in den gereinigten Abwässern verbleiben können [2]. Trotz der generell guten Entfernung von Nanomaterialien in Kläranlagen zeigen computerbasierte Simulationsmodelle, dass gereinigte Abwässer Haupteinbringer von Nanomaterialien in Oberflächengewässern sind. Hinzu kommt, dass auch ungeklärte Abwässer in die Umwelt gelangen. Ursache dafür sind entweder Abwasserleitungen, die nicht an eine Kläranlage angeschlossen sind oder starke Regenfälle. Im Fall von längeren Regenereignissen wird ein Teil des Wassers an der Kläranlage vorbei geleitet, um eine Überlastung der Anlage zu vermeiden. In diesem Zusammenhang haben Messungen in Flüssen bestätigt, dass die Einleitung von ungeklärtem Abwasser zu einem temporären Anstieg an Nanomaterialien im Wasser führen kann [1,3].

 

Nanomaterialien im Klärschlamm

 Schlammbehandlung in Eindickern in der Kläranlage, von oben fotografiert © Werner.jpg - stock.adobe.com

Schlammbehandlung in Eindickern in der Kläranlage, von oben fotografiert © Werner.jpg – stock.adobe.com

In Kläranlagen werden die abgetrennten Feststoffe im Klärschlamm gesammelt. Dieser besteht hauptsächlich aus in wässriger Lösung enthaltenen organischen und mineralischen Bestandteilen (z.B. Metall und Metallverbindungen). Nanomaterialien aus Metallen bzw. Metalloxiden, wie Silber oder Titandioxid, sind biologisch nicht abbaubar und reichern sich nachweislich im Klärschlamm an. Weiterhin durchlaufen während der Abwasserreinigung einige häufig genutzte Nanomaterialien wie Silber, Zinkoxid und Kupfer Umwandlungsprozesse und gehen andere Verbindungen z.B. mit Schwefel ein. Die Nanomaterialien werden dadurch zwar nicht abgebaut, verlieren aber durch die Umwandlung ihre ursprünglichen Eigenschaften. Im Fall einer Verbindungen mit Schwefel sind die Nanomaterialien unter Umweltbedingungen stark unlöslich und relativ ungiftig. Das weitere Schicksal und die genauen Effekte der Umwandlungsprodukte auf Lebewesen sind noch Gegenstand von laufenden Untersuchungen [4-9].

Für die Verwendung und Entsorgung von Klärschlamm gibt es verschiedene Möglichkeiten. Klärschlamm kann gemäß den länderspezifischen Regelungen entweder verbrannt, deponiert oder als Dünger in der Landwirtschaft eingesetzt werden. In Deutschland wird der größte Teil des Klärschlammes zurzeit verbrannt, nur ein geringer Teil wird in der Landwirtschaft oder im Landschaftsbau verwendet. Während bei der Verbrennung von Klärschlamm die darin enthaltenen Nanomaterialien größtenteils in der Asche verbleiben und schlussendlich deponiert werden, gelangen sie bei der Verwendung von Klärschlamm als Dünger vollständig auf den Boden und damit direkt in die Umwelt.

Computerbasierte Simulationsmodelle haben gezeigt, dass auf diese Weise in Klärschlamm-gedüngten Böden über die Jahre sehr hohe Nanomaterialkonzentrationen von einigen mg/kg erreicht werden könnten. Studien konnten dies für Titandioxid, Silbersulfid und Zinkverbindungen nachweisen. Trotz der erhöhten Belastung von Böden durch langlebige Metallverbindungen ist nur ein sehr geringe Teil der ausgebrachten Metalle auf Nanomaterialien zurück zu führen [1, 10-14].

Einfluss von Nanomaterialien auf die Reinigungsleistung der Kläranlage

Nanomaterialien können auch die Reinigungsleistung von Kläranlagen negativ beeinflussen. Sie können die von verschiedenen Bakterien durchgeführte biologische Abwasserreinigung, d.h. den Abbau von organischem Material oder die Entfernung von Stickstoff und Phosphor, stören. Insbesondere Silber und Zinkoxid Nanopartikel sind für ihre hemmende Wirkung auf Bakterien bekannt. Diese Effekte treten jedoch meistens erst bei sehr hohen Nanopartikel Mengen auf, welche in realen Abwässern nicht auftreten. Da die tatsächlich erwarteten Konzentrationen von Nanomaterialien im Abwasser sehr gering ausfallen, geht man derzeit von keiner Beeinträchtigung der biologischen Reinigungsstufe durch Nanomaterialien aus [15].

 

Zusammenfassend kann gesagt werden, dass die überwiegende Menge an Nanomaterialien in Kläranlagen effizient aus dem Abwasser entfernt wird und sich im Klärschlamm anreichert. Ausgehend von den geringen erwarteten Mengen an Nanomaterialien im Abwasser sollte auch die biologische Reinigungsleistung der Kläranlage nicht negativ von den Nanomaterialien beeinflusst werden. Allerdings besteht die Möglichkeit einer Anreicherung der Nanomaterialien in Böden, wenn der Klärschlamm als Dünger in der Landwirtschaft eingesetzt wird.


Literatur

  1. Sun, TY et al. (2014) Environ. Pollut., 185 69-76.
  2. Wu, J et al. (2017). Water, Air, & Soil Pollution., 229(1): 9.
  3. Wang, S et al. (2017). RSC Advances, 7(59): 37065-37075.
  4. Loosli, F et al. (2019). Environmental Science: Nano, 6 763-777.
  5. Polesel, F et al. (2018). (2019). Water Research, 141 19-31.
  6. Westerhoff, P et al. (2011). Journal of Environmental Monitoring, 13(5): 1195-1203.
  7. Kaegi, R et al. (2011). Environmental Science & Technology, 45(9): 3902-3908.
  8. Lombi, E et al. (2013). Environmental Pollution, 176 193-197.
  9. Lombi, E et al. (2012). Environmental Science & Technology, 46 9089−9096.
  10. Ma, R et al. (2014). Environmental Science & Technology, 48(1): 104-112.
  11. Gogos, A et al. (2017). Environmental Science: Nano, 4(8): 1733-1741.
  12. Levard, C et al. (2013). Environmental Science & Technology, 47(23): 13440-13448.
  13. Yang, Y et al. (2014). Science of the Total Environment, 485 441-449.
  14. Brunetti, G et al. (2015). Water Research, 77 72-84.
  15. Donner, E et al. (2015). Environmental Pollution, 205 78-86.
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