Nanomaterialien in Lebensmittelverpackungen

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Verpackungen sind für die Verteilung und Lagerung von Lebensmitteln unerlässlich. Verpackungsmaterialien bestehen aus Papier, Glas, Metall oder Plastik. Häufig werden verschiedene Verpackungsmaterialien kombiniert, um einen besseren Schutz zu gewährleisten. Verpackung schützen vor Krankheitserregern, bieten eine mechanische Abgrenzung für Gase oder Feuchtigkeit (um die Frische zu verlängern) und ermöglichen eine effizientere Lagerung (kubische Verpackungen lassen sich leichter stapeln). Verpackungen ermöglichen aufgedruckte Information für die Kunden (Informationen über Hersteller, Inhalt und spezielle Lagerinformationen für den Verbraucher) [1,2]. Die Verwendung von technisch hergestellten Nanomaterialien kann bestehende Verpackungsmaterialien verbessern sowie neue, intelligente Verpackungslösungen aufzeigen.

 

Plastikflaschen in einer Abfüllanlage ©Mikhail - stock.adobe.com

Plastikflaschen in einer Abfüllanlage ©Mikhail-stock.adobe.com

Die in Lebensmittelverpackungen zum Einsatz kommende Nanotechnologie fokussiert sich auf vier verschiedene Aspekte: (1) Verbesserte Verpackungsstabilität, (2) verbesserte Barrierefunktion durch Reduzierung des Gasaustauschs, (3) antimikrobielle Eigenschaften und (4) intelligente Verpackung, die die Kommunikation mit dem Verbraucher ermöglicht.
Derzeit dürfen in der EU die technischen Nanomaterialien Nanoclays, Titannitrid, Zinkoxid, Siliziumdioxid und Industrieruß (Carbon Black) in Lebensmittelverpackungen verwendet werden. Titannitrid und Zinkoxid sind als einzige Lebensmittelverpackungsmaterialien in den EU-Verordnungen als Nanopartikel definiert, während Siliziumdioxid und Carbon Black als Stoffe mit Partikeln im Nanometerbereich ohne den Begriff „Nanopartikel“ beschrieben werden [3].
In Asien und den USA ist Silber in Lebensmittelverpackungen erlaubt.

 

Verbesserte Verpackungsstabilität

Inerte, nanoskalige Füllstoffe wie Siliziumdioxid, Titandioxid, Titannitrid, Chitin oder Chitosan werden in die Polymermatrix integriert oder als Beschichtung aufgebracht, um die Stabilität der Plastikverpackungsmaterialien zu verbessern. Dadurch wird die Steifigkeit und mechanische Festigkeit der Materialien erhöht [4-7]. Darüber hinaus können Siliziumdioxid und Titandioxid Nanopartikel die hydrophoben Eigenschaften von papierbasierten Verpackungsmaterialien verbessern. Eine auf Ton und Stärke basierende Nanokompositfolie verbessert die Zugfestigkeit und ist gleichzeitig biologisch abbaubar [1,8].

Verbesserte Barrierefunktion

Der Gasverlust von Getränken kann durch die Integration von Siliziumdioxid Nanopartikeln in die Polymermatrix verhindert werden, da dies die Diffusion des verdampften Wassers oder Gases durch das Verpackungsmaterial reduziert [6, 8]. Ebenso verhindert eine Nanoclaybeschichtung (die in Europa nicht verwendet werden darf) des Polymers (Nylon 6) die Sauerstoffaufnahme von Bier [1]. Die Verwendung von Titandioxid Nanopartikeln verlängert die Frische und Haltbarkeit von Obst und Gemüse aufgrund der durch Licht katalysierten Wirkung, wodurch Sauerstoff oder Ethylen unschädlich gemacht werden [8].

Antibakterielle Eigenschaften

Eine Vielzahl von Nanopartikeln verleiht Plastikverpackungsmaterialien antimikrobielle Eigenschaften und verhindert dadurch das Wachstum lebensmittelschädlicher Mikroorganismen: Silber, Kupfer, verschiedene Metalloxide (z.B. Titandioxid, Zinkoxid oder Kupferoxid) und Kohlenstoff-Nanoröhren [4,9]. Wirkungsweise der antimikrobiellen Eigenschaften der Nanomaterialien sind die Freisetzung von Ionen (z.B. Silber, Kupfer) und/oder die Produktion von reaktiven Sauerstoffspezies durch photokatalytische Effekte (z.B. Titandioxid, Zinkoxid) [6,7]. Silber Nanomaterialien werden aufgrund ihrer breiten Wirksamkeit gegen verschiedene Bakterien in Form von reinem Silber oder Silberkompositen mit Zeolithen und Polymilchsäure am häufigsten in Verpackungsmaterialien eingesetzt (z.B. für die Beschichtung von Babytrinkflaschen [1,8].

Intelligente Verpackung

Intelligente Verpackungen (sog. Smart Packaging) sind Verpackung mit erweiterten Funktionen. So besitzt z.B. das Materials die Fähigkeit, die Qualität von Lebensmitteln zu überwachen. Dazu gehört auch die Detektion von Chemikalien oder Temperaturänderungen. Darüber hinaus kann eine intelligente Verpackung dem Verbraucher den aktuellen Zustand der Lebensmittel mit Hilfe von Indikatoren oder Sensoren mitteilen [10,11]. Eines der ersten Beispiele für intelligente Verpackungsmaterialien sind Sensoren auf der Basis von Titandioxid Nanopartikeln oder bestimmten Metallen, die Gase oder eine Veränderung des pH-Wertes durch eine Farbänderung anzeigen. Im Falle von Titandioxid kann sich die Farbe in Gegenwart von Sauerstoff von farblos zu blau ändern und zeigt an, dass das Produkt geöffnet wurde [4,5].
Neben dem Ausschluss von Sauerstoff ist die Temperatur sehr entscheidend für die Frische von Lebensmitteln. Durch die Kombination von Silber und Gold Nanopartikeln wurde ein Temperatursensor entwickelt, der seine Farbe von Rot über Gelb nach Grün wechseln kann, wenn beispielsweise die Kühlkette unterbrochen wurde [5]. Um die Frische von verpacktem Fleisch anzuzeigen, wurde das Verpackungsmaterial mit Nanosilber beschichtet. In Gegenwart von Sulfiden, die Zerfallsprodukte von verderbendem Fleisch sind, wird Silber zu Silbersulfid oxidiert, wodurch eine schwarze Farbe entsteht [5]. Während intelligente Verpackungen ein enormes Potenzial besitzen, sind alle beschriebenen Beispiele nicht in der EU, aber in den USA erlaubt.

Migration von Nanopartikeln in Lebensmittel – Risiko für den Verbraucher?

Generell besteht ein potenzielles Risiko, dass Nanomaterialien von der Verpackung in Lebensmittel wandern. Bei Nanosilber besteht eine geringe Wahrscheinlichkeit der Migration von Nanomaterialien aus PET-Flaschen in die Getränke. Während eine Studie eine erhöhte Freisetzung im Laufe der Zeit zeigte, konnten mehrere andere Studien das nachgewiesene Silber nicht mit Nanopartikeln in Verbindung bringen. Für die Verwendung von anderen Nanopartikel wie Nanoclay, Titannitrid oder Titandioxid in PET-Flaschen gibt es sowohl Studien, die eine Migration von Nanopartikeln zeigen konnten, als auch solche, die keine Migration nachweisen konnten [12,13].
Bislang wurden fünf Nanomaterialien von der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) für Lebensmittelverpackung zugelassen, da sie keine Sicherheitsbedenken hinsichtlich der menschlichen Gesundheit aufweisen: Titannitrid, Selen-Nanopartikel, Siliziumdioxid und Zinkoxid. Bei der fünften Verbindung, dem Montmorillonit-Ton, der aus Siliziumdioxid und Aluminiumoxid besteht, wurde eine Migration von Nanopartikeln unterhalb oder an der Nachweisgrenze festgestellt [14-18,19].
Dennoch ist eine vollständige Risikobewertung von migrierten Nanomaterialien in Bezug auf die menschliche Gesundheit sehr komplex. Weder die Wechselwirkungen von freigesetzten Nanopartikeln mit der Nahrung noch die Passage im Magen-Darm-Trakt sind zurzeit ausreichend untersucht [12].
Eine vereinfachte Risikobewertung wurde von Jokar et al. für Nanomaterialien in Lebensmitteln und Lebensmittelverpackungen entwickelten. Das Risiko für die menschliche Gesundheit ist erhöht, wenn das Nanomaterial migrieren kann und wenn das Nanomaterial in seiner Nanoform verbleibt (siehe Abbildung).

Behördengrundlage

law ©vegefox.com – stock.adobe.com2009 einigten sich 13 Länder darauf, die langfristigen Auswirkungen von Nanotechnologien in Lebensmitteln und Lebensmittelverpackungen bezüglich der Sicherheit der menschlichen Gesundheit zu untersuchen.
Im Falle von Nanopartikeln in Lebensmittelverpackung definiert die „Verordnung über Materialien und Gegenstände aus Kunststoff, die dazu bestimmt sind, mit Lebensmitteln in Berührung zu kommen“ oder die „Verordnung über aktive und intelligente Materialien und Gegenstände, die dazu bestimmt sind, mit Lebensmitteln in Berührung zu kommen“, was erlaubt ist. Nanomaterialien, die in den Vorschriften mit Schwerpunkt auf Lebensmittelverpackung aufgeführt sind, sind Titannitrid , Siliziumdioxid, Kaolinit (eine Aluminium-Silizium-Verbindung) und Zinkoxid [3,20-21].

Einen Gesamtüberblick über alle Vorschriften und Leitlinien ist auf der Webseite der EFSA zu finden. Bevor Nanomaterialien in der EU zugelassen werden, müssen sie von der EFSA genehmigt werden. Wie bereits erwähnt, ist dies bei Lebensmittelverpackungen nur für Titannitrid, Selen Nanopartikel, Kieselerde, Montmorillonit-Ton und Zinkoxid der Fall. Nach der Zulassung durch die EFSA müssen die Nanomaterialien von der EU-Kommission in die Verordnung aufgenommen werden (Positiv-Liste).

Dennoch sind die rechtlichen Rahmenbedingungen bezüglich Nanopartikeln von Land zu Land unterschiedlich. In den USA sind Nanopartikel generell erlaubt, solange ihre Konzentration unter dem dort definierten Grenzwert liegt, während die EU strengere Vorschriften hat.
Nanosilber, eines der prominentesten Beispiele, welches in den USA, Asien oder Australien üblicherweise verwendet wird, darf in der EU nicht mit Plastikverpackungen für Lebensmittel verarbeitet werden [3,4].

Nanomaterialien eröffnet große Chancen für Verpackungsmaterialien. Verpackungen können durch Nanomaterialien robuster, leichter und weniger zerbrechlich werden. Darüber hinaus verlängern die antimikrobiellen Eigenschaften einiger Nanomaterialien die Frische von Lebensmitteln und Nanosensoren zeigen den Zustand der Lebensmittel an. Daher haben viele Unternehmen begonnen, Nanomaterialien in ihre Verpackungen zu integrieren. Dennoch können Nanopartikel aus der Verpackung in Lebensmittel wandern und stellen damit eine potenzielle Gesundheitsgefahr dar.


Literatur

  1. Bumbudsanpharoke, N et al. (2015), J Food Sci, 80(5): R910-923.
  2. Luykx, DMaM et al. (2008), Journal of Agricultural and Food Chemistry, 56(18): 8231-8247.
  3. Verordnung (EU) Nr. 10/2011 der Kommission vom 14. Januar 2011 über Materialien und Gegenstände aus Kunststoff, die dazu bestimmt sind, mit Lebensmitteln in Berührung zu kommen. ABl. L 12 vom 15.1.2011, S. 1–89.
  4. Peters, RJB et al. (2016), Trends in Food Science & Technology, 54 155-164.
  5. Mihindukulasuriya, SDF et al. (2014),Trends in Food Science & Technology, 40(2): 149-167.
  6. Yemmireddy, VK et al. (2015), Food Control, 57 82-88.
  7. Espitia, PJP et al. (2012), Food and Bioprocess Technology, 5(5): 1447-1464.
  8. Popov, V et al. (2015), Green Processing and Synthesis, 4(2): 125-131.
  9. Gialleli, A-I et al. (2016), Innovative Food Science & Emerging Technologies, 33 416-421.
  10. Silvestre, C et al. (2011), Progress in Polymer Science, 36(12): 1766-1782.
  11. Singh, T et al. (2017), Front Microbiol, 8 1501.
  12. Jokar, M et al. (2017), Food Additives and Contaminants Part a-Chemistry Analysis Control Exposure & Risk Assessment, 34(3): 434-450.
  13. Fortunati, E et al. (2012), Carbohydrate Polymers, 90(2): 948-956.
  14. EFSA Panel on Food Contact Materials, Enzymes, Flavourings and Processing Aids (2012), EFSA Journal, 10(3): 2641, 8 pp.
  15. EFSA Panel on Food Contact Materials, Enzymes, Flavourings and Processing Aids (2015), EFSA Journal, 13(4): 4063, 9 pp.
  16. EFSA Panelon Food Contact Materials, Enzymes, Flavourings and Processing Aids, Silano, V et al. (2018), EFSA Journal, 16(1):5115, 7 pp.
  17. EFSA Panel on Food Contact Materials, Enzymes, Flavourings and Processing Aids (2014), EFSA Journal, 12(6): 3712, 7 pp.
  18. EFSA Panel on Food Contact Materials, Enzymes, Flavourings and Processing Aids (2016), EFSA Journal, 14(3): 4408, 8 pp.
  19. EFSA Panel on Food Contact Materials, Enzymes and Processing Aids, Silano, V et al. (2019), EFSA Journal, 17(1): e05552, 8 pp.
  20. Takeuchi, MT et al. (2014), Food Res Int, 64 976-981.
  21. Verordnung (EG) Nr. 450/2009 der Kommission vom 29. Mai 2009 über aktive und intelligente Materialien und Gegenstände, die dazu bestimmt sind, mit Lebensmitteln in Berührung zu kommen. ABl. L 135 vom 30.5.2009, S. 3–11.
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