Risikobewertung von Nanomaterialien

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Risiko wird in Abhängigkeit der (wissenschaftlichen) Fachrichtung unterschiedlich definiert. Im Allgemeinen bezeichnet der Begriff „Risiko“ den potentiellen Verlust von etwas, das einen Wert besitzt wie z.B. die Gesundheit, eine intakte Umwelt oder, vereinfacht ausgedrückt, die eigene Geldbörse. Ein Risiko besteht nur dann, wenn eine Gefahr und die Exposition gemeinsam auftreten.

In der Toxikologie wird der Begriff Risiko als Funktion der Wahrscheinlichkeit beschrieben, mit der eine Exposition mit einem Material stattfindet, das ein bekanntes Gefährdungspotential hat.

RisikoTox = f{Exposition; Gefährdung}

 

Im Gegensatz zu der vereinfachten Erklärung im Grundlagen-Artikel „Bergen Nanomaterialien ein Risiko?“ zeigt sich bei genauerem Hinschauen, dass die Definition von Risiko als Produkt dieser beiden Faktoren nicht ausreichend ist, denn der Zusammenhang zwischen „Exposition“ und „Gefährdung“ könnte in Abhängigkeit der Höhe der Exposition nicht linear sein.
Risiko kann ebenso als die Überschneidung von „Exposition“ und „Gefährdung“ angesehen werden, was so viel heisst, dass Menschen, Tiere und die Umwelt nur dann einem Risiko ausgesetzt sind, wenn sie mit dem gefährlichen Material auch in Berührung kommen.

Risiko kann ebenso als die Überschneidung von „Exposition“ und „Gefährdung“ angesehen werden, was so viel heißt, dass Menschen, Tiere und die Umwelt nur dann einem Risiko ausgesetzt sind, wenn sie mit dem gefährlichen Material auch in Berührung kommen.

 

Links: praktisch kein Risiko, wenn man einer vernachlässigbaren Exposition ausgesetzt ist. Mitte: Das Risiko ist dargestellt durch die Überschneidung der beiden Flächen für Exposition und Gefährdung für das jeweilige Material. Rechts: praktisch kein Risiko, wenn man einer vernachlässigbaren Gefahr ausgesetzt ist. Bild: DaNa-Team.

Links: praktisch kein Risiko, wenn man einer vernachlässigbaren Exposition ausgesetzt ist. Mitte: Das Risiko ist dargestellt durch die Überschneidung der beiden Flächen für Exposition und Gefährdung für das jeweilige Material. Rechts: praktisch kein Risiko, wenn man einer vernachlässigbaren Gefahr ausgesetzt ist. Bild: DaNa-Team.

 

Risikobewertung von Nanomaterialien

Schematischer Überblick der Risikobewertung © Brune, H. et al. (2006). Nanotechnology - Assessment and Perspectives, Vol 27, Springer Verlag, Berlin. ISBN 978-8184890518

Risikobewertung  nach © Brune, H. et al. (2006). Nanotechnology – Assessment and Perspectives, Vol 27, Springer Verlag, Berlin. ISBN 978-8184890518

Die Risikobewertung von Nanomaterialien ist der zweite Schritt in der Risikoanalyse, nachdem ein gewisses Risiko identifiziert wurde. Die Bewertung des Risikos liefert dabei belastbare Erkenntnisse für ein angemessenes Risikomanagement. Im Falle von Nanopartikeln ist deren chemisches Risiko häufig relevant für deren Beurteilung. Dabei müssen zwei Punkte beachtet werden. Zuerst einmal ist es wichtig, unter kontrollierten Bedingungen wie z.B. im Labor eine potentielle Gefährlichkeit des Materials zu identifizieren und zu prüfen. Im zweiten Schritt ist es notwendig, die Exposition bzw. die Menge des Materials genau zu messen und zu bestimmen, mit der Menschen, Tiere oder die Umwelt in Kontakt kommen. Auf Basis dieser beiden Schritte kann dann ein spezifisches Risiko bestimmt werden. Es kann nun eine Entscheidung darüber gefällt werden, wie hoch das individuelle Risiko für die verschiedenen Expositions-Szenarien ausfällt (Ampelschema).

Methoden zur Expositions-Beurteilung werden derzeit weiterentwickelt und sind noch nicht perfekt, da geeignete Messmethoden nicht zur Verfügung stehen. Obwohl Messmethoden zur Exposition mit Schwebstoffen in der Luft am Arbeitsplatz und/oder in der Umwelt dringend benötigt werden, sind zuverlässige Messmethoden nicht verfügbar. Darüber hinaus sind die Verteilungswege von Nanomaterialien in Organsimen und der Umwelt weitestgehend nicht untersucht, wobei sich diese Situation mit der Durchführung neuer Studien stetig verbessert [1-3].

 

Ob Nanomaterialien ein potentielles Risiko darstellen, lässt sich nicht in einem Satz beantworten. Um eine Antwort geben zu können, müssen die variierenden Gefahrenpotentiale verschiedener Nanomaterialien und deren unterschiedliche Expositions-Szenarien in jedem Einzelfall berücksichtigt werden.

 

Derzeit wird eine Risikobeurteilung von Nanomaterialien auf Grundlage einer Einzelfallprüfung durchgeführt. Allerdings ist das Testen aller existierenden Varianten nicht realistisch. Eine Lösung dieses Problems stellt das sogenannte „Grouping“, also ein Sortieren von Materialien in bestimmte Stoffklassen, dar. Dieser Ansatz steht im Fokus von Projekten wie z.B. nanoGRAVUR oder NanoToxClass und wird im Folgenden detaillierter erklärt.

Kategorisierung von Nanomaterialien

Kategorisierung oder „Grouping“ bezeichnet den grundlegenden Gedanken, Dinge in Abhängigkeit ihrer wesentlichen Eigenschaften oder Aktivitäten in Klassen oder Kategorien einzuordnen. „Grouping“ und Kategorisierung von Nanomaterialien oder Nanoobjekten ist zu einem vorrangigen Ziel geworden, um die schnelle Entwicklung dieser Materialien zu steuern.

Berücksichtigt man die Vielzahl an Möglichkeiten, mit denen man die Eigenschaften von technisch erzeugten Nanomaterialien wie z.B. deren Größe, Form oder Beschichtung ändern kann, so ist die Risikobewertung ein arbeits-, zeit- und kostenintensiver Prozess. Das Testen aller Varianten für alle Endpunkte ist daher nicht praktikabel. Eine Lösung für dieses Problem stellt das sogenannte „Grouping“ und Kategorisieren von Nanomaterial dar [4-6]. Aus diesem Grund fördern die Europäische Kommission und das deutsche Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) ein Projekt mit dem Namen NanoToxClass, um auf Grundlage der toxischen und biologischen Effekte eine Kategorisierungsstrategie für Nanomaterialien herauszuarbeiten und zu etablieren. Dadurch soll die Risikobewertung von Nanomaterialien unterstützt werden.

Die Definitionen für „Grouping“ und Kategorisieren von Nanomaterialien basieren zwar auf denen für Chemikalien [1], allerdings lassen sich die Testverfahren und Begrifflichkeiten nicht direkt von Chemikalien auf Nanomaterialien übertragen. Um die Entwicklung von Nanomaterialien zu unterstützen und gleichzeitig ihre sichere Anwendung zu garantieren, wird dieser Transfer aber dringend benötigt. Der derzeitige Erkenntnisstand bezüglich der Gefährlichkeit von Nanomaterialien gegenüber Schutzgütern ist derart komplex, dass das BMBF-geförderte Projekt nanoGRAVUR  es sich zur zentralen Aufgabe gemacht hat, verschiedene Kriterienkataloge zur Kategorisierung von Nanomaterialien gemäß ihres Expositions-, Gefährdungs- und Risikoprofils zu entwickeln.
Daraus resultiert, dass die Gruppierung von Substanzen und sogenanntes „read-across“ (Analogiekonzept, siehe auch [5]) die gebräuchlichsten Ansätze sind, um Datenlücken in Registrierungen zu schließen, die unter REACH vorgenommen werden[1].

Der letzte Schritt der Risikoanalyse -das Risikomanagement- wird im Querschnittstext Risikomanagement von Nanomaterialien beschrieben.


Literatur

  1. Hansen, S F et al. Nanotechnology and human health: Scientific evidence and risk governance: Report of the WHO expert meeting 10–11 December 2012, Bonn, Germany. World Health Organization ((PDF, 906 KB )
  2. Coll, C et al (2015) Nanotoxicology 10 (4), 436-444
  3. Wang, Y et al. (2016) Sci. Total Environ 545-546, 67-76
  4. Walser, T., Studer, C. (2015) Regul. Toxicol. Pharmacol. 72, 569-571
  5. ECHA: Grouping of substances and read-across approach ((PDF, 400 KB )
  6. ECHA (2016): Usage of (eco)toxicological data for bridging data gaps between and grouping of nanoforms of the same substance. European Chemicals Agency, Helsinki, Finland, Practical Guide ((PDF, 922 KB )
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