
Die Anwendung von sogenannten „Nanopestiziden“ (siehe auch Querschnittstext Nanomaterialien in Pflanzenschutzmitteln) soll grundsätzlich zwei Vorteile haben: eine geringere Menge an Pestizid wird für die gleiche Agrarfläche benötigt und/oder die Wirksamkeit soll verbessert werden. Dies ist notwendig, um genügend Nahrungsmittel für eine immer noch wachsende Weltbevölkerung anzubauen. Allerdings könnten damit auch erhöhte Risiken für Mensch und Umwelt verbunden sein, wenn diese Stoffe z.B. erheblich besser von Feldfrüchten aufgenommen werden könnten und sich damit ihre Konzentration in der Nahrung erhöht und/oder dass diese besser vom Menschen oder von Nutztieren aufgenommen werden könnten und damit zu einer erhöhten Belastung beitragen könnten.
Dazu hat sich eine internationale Gruppe von Wissenschaftlern Gedanken gemacht und ein Stufenprogramm entwickelt, um die Risiken für die menschliche Gesundheit abschätzen zu können. Unter der Berücksichtigung vorhandener Leitfäden und Verordnungen (z.B. OECD Richtlinien) wurde eine Strategie entwickelt, wie ein nachhaltiger Einsatz neuer Nanopestizide unter der Berücksichtigung von sicherheitsrelevanten Fragestellungen ermöglicht werden könnte. Dabei wurden zwei generelle Prinzipien unterschieden: zum einen die Möglichkeit, mit Paketen in Nanometergröße die aktiven Substanzen zu verpacken (sogenannte „Nanocarrier“) und zum anderen Wirkstoffe in Nanometergröße, wie z.B. Metalle, die aktive Ionen abgeben (z.B. Silber oder Kupfer), wobei die Nanopartikel meist von schützenden Hüllen aus Polymeren ausgebracht werden. Für beide Varianten wurden die kritischen Schritte für eine mögliche Exposition des Menschen identifiziert (Wirkstoffvorbereitung, Anwendung im Feld und nach der Ernte) und Möglichkeiten aufgezeigt, eventuell vorhandene toxische Effekte zu untersuchen.
Das hier aufgezeigte Modell besteht aus 6 Schritten, die zur ganzheitlichen Beschreibung der Nanopestizide und ihrer gesundheitlichen Wirkungen notwendig sind. Zusätzlich zeigt die Gruppe noch wichtige Wissenslücken auf, die in naher Zukunft geschlossen werden sollten.
Original Publikation:
Kah, M., Johnston, L.J., Kookana, R.S., Bruce, W., Haase, A., Ritz, V., Dinglasan, J., Doak, S., Garelick, H., and Gubala, V. (2021). Comprehensive framework for human health risk assessment of nanopesticides. Nat Nanotechnol 16, 955-964

Weitere Spotlights
Spotlight Juli 2023: Plastikverschmutzung und die dringende Notwendigkeit umfassende Maßnahmen zu ergreifen
Die Plastikverschmutzung ist zu einer erheblichen Bedrohung für die Ozeane, die biologische Vielfalt und die Ökosysteme weltweit geworden. Trotz der Bemühungen um eine Verringerung des Plastikverbrauchs nimmt die Plastikverschmutzung in der Umwelt durch die steigende Plastikproduktion weiter zu. Als Reaktion auf diese Krise verabschiedete die UN-Umweltversammlung im März 2022 eine Resolution zur Ausarbeitung eines rechtsverbindlichen […]
WeiterlesenSpotlight August 2022: Dreistufen-Modell zur Entstehung von Mikro- und Nanoplastikpartikeln
Plastikverschmutzung ist ein globales Problem, welches die Menschheit noch in mehr als 100 Jahren beschäftigen wird. Es gibt die sichtbare Verschmutzungen, z.B. Plastikfetzen in der Umwelt, die für viele Tiere zum Tode führen (weil sie das Plastik irrtümlich für Nahrung halten und es fressen oder weil sie sich in dem Plastikmüll verfangen). Ein jedoch für […]
WeiterlesenSpotlight April 2021: Nanomaterialen und Fake News – ein Kommentar anhand eines Beispiels
Im Februar 2021 erschien der Artikel „The invisible killer lurking in our consumer products“, in dem Nanopartikel als eine größere Gefahr als Corona beschrieben wurden [1]. „Die Verwendung von Nanomaterialien“ würde „nicht reguliert“ und „Nanomaterialien sind so klein, dass man sie nicht bestimmen kann, sobald sie Bestandteile eines Produktes sind“. Was ist nun dran an […]
WeiterlesenSpotlight November 2023: Frühwarn- und Maßnahmensystem für innovative Werkstoffe (eng. Early4AdMa)
Innovative Werkstoffe eröffnen ein immenses Potenzial zur Bewältigung globaler Herausforderungen wie der Umweltzerstörung, der Umgestaltung des Energiesektors und der Entwicklung in Richtung Kreislaufwirtschaft. Um ihre Vorteile zu nutzen und gleichzeitig Sicherheit und Nachhaltigkeit zu gewährleisten, haben Regulierungsbehörden, wissenschaftliche Gemeinschaften und die Industrie die Notwendigkeit proaktiver Ansätze erkannt. Das „Early4AdMa“-System ist ein Instrument zur Risikobeherrschung für […]
Weiterlesen