Nanomaterialien in Pflanzenschutzmitteln

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Pestizide oder Pflanzenschutzmittel sollen Pflanzen vor Schädlingen wie Insekten, Mikroorganismen oder Ungeziefer wie Nematoden schützen. Die Anwendung von Nanomaterialien bietet hier einige Vorteile wie z.B. eine erhöhte Wirksamkeit eines bestehenden Pestizids gegenüber Schädlingen, so dass nur noch geringe Mengen des Pflanzenschutzmittels benötigt werden. Derzeit sind solche Produkte allerdings noch nicht auf dem Markt und werden intensiv auf ihren Nutzen sowie potenzielle Risiken für die Umwelt erforscht.

 

Was ist ein Nanopestizid?

Vorteile von Nanopestiziden @ Anita Jemec/Universität Ljubljana

Vorteile von Nanopestiziden @ Anita Jemec/Universität Ljubljana

Derzeit gibt es keine allgemein akzeptierte Definition des Begriffs „Nanopestizid“. Gesetzgebung, Wissenschaft, Öffentlichkeit und Wirtschaft verwenden aktuell diesen Begriff auf ganz unterschiedliche Art und Weise. Ein Vorschlag lautet „Ein Nanopestizid ist ein Pflanzenschutzmittel, das Bestandteile im Nanometer Größenbereich (bis 1000 nm) umfasst und neue Eigenschaften aufweist, die mit der geringen Größe ihrer Komponenten zusammenhängen“. Eine nur auf der Größe beruhende Definition reicht im Falle der Nanopestizide im Gegensatz zu anderen Nanomaterialien nicht aus.

Generell bestehen Pestizide immer aus mehreren Substanzen. Ähnlich wie bei einem Arzneimittel wird der eigentliche Wirkstoff mit anderen Begleitstoffen vermischt, so dass dieser gut auf die Pflanze aufgebracht werden kann, sich gut verteilt und nach der Anwendung stabil bleibt. In den meisten der vorgeschlagenen Anwendungen für Nanopestizide ist das Nanomaterial selbst nicht der aktive Wirkstoff, sondern stabilisiert als Begleitstoff den aktiven Wirkstoff oder verbessert seine kontrollierte Freisetzung (z.B. als Nanokapsel). Nanokupfer und Nanosilber sind Beispiele für Nanomaterialen als aktive Wirkstoffe.

 

Vorteile von Nanopestiziden

Häufig sind die Wirkstoffe in Pestiziden schlecht wasserlöslich, was ihre Anwendung erschwert. Nanomaterialien können als Begleitstoffe die Wasserlöslichkeit der aktiven Wirkstoffe erhöhen. So kann die Freisetzung und Verteilung besser kontrolliert und darüber der Wirkstoff besser vor vorzeitigem Abbau geschützt werden. Dadurch verbessert sich nicht nur die Aufnahme und Wirksamkeit des Wirkstoffs zur Schädlingsbekämpfung, auch die eingesetzte Pestizid-Menge kann wesentlich verringert werden. Weiterhin sollen alternative Wirkstoffe und Produkte die Umwelt weniger schädigen und möglicherweise der Resistenzentwicklung von Schädlingen gegen Pestizide entgegenwirken. Derzeit gibt es aber noch keine genauen Angaben, wie gut die Wirksamkeit von Nanopestiziden gegenüber herkömmlichen Pestiziden ist.

 

Kategorien von Nanopestiziden

Es gibt zahlreiche Arten von Nanopestiziden. Das Nanomaterial wird dabei meist als Träger für den eigentlichen Wirkstoff in Emulsionen, Kapseln, Gelen, Fasern und Partikeln eingesetzt. Nanopartikel können auch alleine als Nanopestizid (z. B. Kupfer) wirken.

 

Art

„Nano“-Anteil

 

Vorteile

Beispiele für Wirkstoffe
(Schädlinge)

Nanoemulsion Der Wirkstoff befindet sich in nanoskaligen Öltröpfchen, die in einer wässrigen Lösung
schwimmen.
Gute Verteilung und verstärkte Aufnahme
durch Schädlinge
Neemöl (gegen Parasiten und Insekten)
Permethrin (gegen Läuse und Mücken)
Nanokapsel Der Wirkstoff wird in nanoskaligen Kapseln verpackt Gute Aufnahme und dadurch verstärkte
Wirksamkeit gegen Schädlinge
Lansiumamide B
(gegen Bakterien, z.B. auf Tabakpflanzen)
Nanogel Der Wirkstoff wird in einem Gel verteilt,
welches aus nanoskaligen Bausteinen besteht
Leichtere Handhabung, keine Verdunstung
des Wirkstoffes
Kupfer (gegen Pilze)
Essentielle Öle (gegen verschiedene Schädlinge)
Nanofasern Der Wirkstoff wird in Fasern eingearbeitet,
die nanoskalig sind
Gute Verteilung des Wirkstoffes,
langsame Freisetzung
Thiametoxam (gegen Insekten)
Liposomen Liposomen sind nanoskalig Langsame Freisetzung des Wirkstoffes Etofenprox (gegen Insekten)
Pyrifluquinazon (gegen Insekten)
Lipid-Nanopartikel Die Nanopartikel bestehen aus Fetten,
in denen sich der Wirkstoff befindet.
Langsame Freisetzung des Wirkstoffes,
Schutz vor Abbau des Wirkstoffes
Deltamethrin (gegen Insekten)
Anorganische Nanopartikel Die Nanopartikel sind selbst der Wirkstoff Gute Verteilung, hohe Wirksamkeit
gegen Schädlinge
Siliziumdioxid
Titandioxid
Silber
Kupfer
Nanoclays
Anorganische
Nanopartikel in
Verbindung mit
Wirkstoff
Die Nanopartikel wirken als Träger für den Wirkstoff Langsame Freigabe des Wirkstoffes Siliziumdioxid
Titandioxid

 



 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Risiken von Nanopestiziden für die Umwelt

Aufgrund ihrer Anwendungsart, der direkten Nutzung an Land und auf Pflanzen, werden Nanomaterialien in Nanopestiziden absichtlich in die Umwelt freigesetzt. Daher müssen Nutzen und Risiken für Mensch und Umwelt sorgfältig abgewogen werden. Die Europäische Biozid-Verordnung legt fest, dass jeder Hersteller vor der Zulassung eines Produktes nachweisen muss, dass dieses sicher ist. Seit 2013 werden auch Nanomaterialien explizit in der Verordnung berücksichtigt [6].

Trotz der vielen Ideen, wie Nanomaterialien zur Verbesserung herkömmlicher Pestizide eingesetzt werden können, gibt es aktuell noch keine Nanopestizid Produkte auf dem Markt. Einerseits ist die Entwicklung und Zulassung eines Pestizids sehr langwierig und teuer, andererseits ist derzeit unklar, wie groß die Einsparung durch Anwendung eines Nanopestizids gegenüber einem herkömmlichen Pestizid wirklich ist.

Das derzeitige Verständnis reicht noch nicht aus, um Nutzen und Risiken von Nanopestiziden zuverlässig beurteilen zu können. Weitere Untersuchungen zum Verbleib und den Risiken von Nanopestiziden in der Umwelt sind daher erforderlich.

Nanopestizide sind eine neuartige Klasse von Pflanzenschutzmitteln, die eine Reihe von Vorteilen für die Landwirtschaft versprechen. Sowohl Nutzen als auch potenzielle Risiken für die Umwelt sind jedoch noch unvollständig erforscht. Die Forschung in diesem Bereich ist sehr aktiv und wird in Zukunft Antworten auf ihre Anwendbarkeit, Risiken und wirtschaftliche Akzeptanz geben.


Literatur

  1. The Royal Society & The Royal Academy of Engineering; 2004. Nanoscience and nanotechnologies: opportunities and uncertainties. (PDF, 3.5 MB )
  2. Gogos, A (2012), J. Agric Food Chem 60 (39): 9781-9792.
  3. Kah, M et al. (2013), Crit Rev Env Sci Tec 43(16): 1823-1867..
  4. Kah, M and Hofmann, T. (2014), Env Int 63:224-235.
  5. Kah, M. (2015), Front Chem, 3(64): 64.
  6. Regulation (EC) No 1107/2009 of the European Parliament and of the Council of 21 October 2009 concerning the placing of plant protection products on the market and repealing Council Directives 79/117/EEC and 91/414/EEC.
  7. Amenta, V. et al. (2015), Regul Toxicol Pharmacol, 73(1): 463-476.
  8. Kookana, Rai S. et al. (2014), J Agric Food Chem 62(19):4227-4240.
  9. Kah, M. et al. (2018), Nature Nanotech.
  10. Europäische Chemikalienagentur (ECHA) (DE) – Worum geht es bei der Verordnung über Biozid-Produkte? (Stand letzter Zugang: Juli 2018)
  11. Europäische Chemikalienagentur (ECHA) (DE) Verordnung über Biozidprodukte: Rechtsvorschriften (Stand letzter Zugang: Juli 2018)
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